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Geophone in der Schwingungsmesstechnik

Häufig werden wir auf die messtechnischen Eigenschaften von Geophonen angesprochen. Darum haben wir Ihnen nachfolgend einige technische Angaben zusammengestellt.

Vorteile und Grenzen des Einsatzes von Geophonen für Messungen nach DIN 45669

Geophone haben sich seit vielen Jahren für Schwingungsmessungen im Immissionsschutz bewährt und werden von fast allen Anbietern von Messsystemen für den Immissionsschutz eingesetzt. Offenbar gibt es für die eigentlichen Aufnehmer weltweit nur einen Hersteller, der diese Geräte in sehr guter Qualität und zu günstigen Preisen anbietet. Die Messsystemanbieter, wie auch M.Beitzer Messtechnik passen diese Geräte in ihre Messsysteme ein.

Im Zusammenhang mit dem Einsatz von Geophonen werden an M.Beitzer Messtechnik häufig die folgenden drei Fragen gestellt:

  1.   Warum sind Geophone im Immissionsschutz die Messaufnehmer der Wahl?

  2.  Warum können die Systeme von M.Beitzer Meßtechnik nur bis zu etwa 100 mm/s Schnelle messen?

  3.  Warum müssen beim System 9000 horizontale und vertikale Geophone getrennt werden?

 Frage:

Warum sind Geophone im Immissionsschutz die Messaufnehmer der Wahl?

            Geophone als optimale Messaufnehmer

  • Für Schwingungsmessungen im Immissionsschutz ist die unmittelbare Messung der Schnelle das in vielfacher Hinsicht günstigste Verfahren:

  • Die Festlegungen der DIN 45669 basieren auf der Schnelle als Referenzsignal

  • Die im Immissionsschutz wichtigste Bewertung KB ist im überwiegenden Frequenzbereich oberhalb von etwa 7 Hz der Schnelle proportional

  • Die unmittelbare Schnellemessung ergibt die beste Ausnutzung des Dynamikbereiches, weil im Vergleich zur Beschleunigungsmessung die hohen Frequenzen von vornherein „richtig“ bewertet werden.

  •  Für DIN 4150 Teil 3 wird nur auf die Schnelle bezogen.

  •  Die Integration von Beschleunigungssignalen ist immer mit Genauigkeitsverlusten behaftet, die nur teilweise nachträglich in den Griff zu bekommen sind.

  • Darum setzen fast alle Schwingungsmesssysteme für den Immissionsschutz aus gutem Grund Geophone als Messaufnehmer ein

 Grundsätzliche Probleme beim Geophoneinsatz und deren Lösung im System 9000

Trotz ihrer guten Eignung für Schwingungsmessungen im Immissionsschutz darf nicht verkannt werden, dass Geophone auch einigen Beschränkungen unterliegen, die bei Beschleunigungsaufnehmern nicht oder nicht wirklich begrenzend ins Gewicht fallen. Jedes Messprinzip stößt an gewisse Grenzen, wenn Messungen am Randbereich der technischen Spezifikation erfolgen sollen. Dennoch sind Geophone gerade für Messungen im Immissionsschutz besonders gut geeignet.

Die Messung von tiefen Frequenzen mit Geophonen

Bei Geophonen bildet die seismische Masse ein "Ersatz-Inertialsystem", d.h. das Messprinzip geht von der Voraussetzung aus, dass die seismische Masse in Ruhe bleibt, während sich das Gehäuse des Geophons mit dem Prüfling (Fußboden, Wand, Erdboden etc.) bewegt.

Diese Annahme ist nur bei Frequenzen zutreffend, die (weit) oberhalb der Eigenfrequenz des Geophons liegen. Für Frequenzen im Bereich der Eigenfrequenz und erst recht darunter stimmt diese Annahme nicht mehr. Die Abweichung ist aber berechen- und darum kompensierbar. Heute findet in allen geophonbasierenden Schwingungs-Messsystemen eine genau spezifizierte Frequenzgangkompensation statt, die ab 1 Hz unterer Grenzfrequenz arbeitet. Ohne eine solche Kompensation wäre eine Erfüllung der Forderungen der DIN 45669 Teil 1 Klasse 1 nicht möglich.

Da der aus dem o.g. Prinzip resultierende Frequenzgang eines unkompensierten Geophons etwa quadratisch gegen Null geht, muss die Kompensation quadratisch steigend zusätzlich verstärken, je größer das Verhältnis aus  Geophon-Eigenfrequenz  und unterer Grenzfrequenz ist.

·         Beim Einsatz von 4,5 Hz-Geophonen muß bei 1 Hz etwa 20-fach nachverstärkt werden, bei 15 Hz-Geophonen liegt dieser Faktor bei etwa 220, also über zehnmal so hoch.

Bei rein rechnerischer Betrachtung des Geophons als ideales Einfreiheitsgradsystem käme man zu dem Schluss, dass trotz der hohen Nachverstärkung die Kompensation von 15 Hz Geophonen unkritischer sein sollte als die von 4,5 Hz-Geophonen. Dies lässt sich bei kontinuierlicher und stoßfreier Anregung der Geophone auf dem Schwingtisch sogar bestätigen.

Leider stellt sich im praktischen Messbetrieb heraus, dass eine neue Problematik aus der unvermeidlichen Einführung einer unteren Grenzfrequenz entsteht. Eine – eigentlich von der Idee her ideale - Invertierung des Geophonfrequenzgangs  erfordert zwingend die Begrenzung der Verstärkung zu sehr tiefen Frequenzen, weil die Invertierung einen Pol zweiter Ordnung bei 0 Hz hat. Diese Einführung einer neuen Grenzfrequenz äußert sich in einem unerwünschten Impulsverhalten.

Stoßartige Anregungen haben  ein Spektrum, das bei endlicher Analysendauer scheinbar Anteile sehr tiefer Frequenzen enthält, die sich nur dann zu Null herausmitteln, wenn das untersuchende System wirklich bis 0 Hz alle Frequenzkomponenten gleich bewertet erfassen kann, was neben der notwendigen DC-Kopplung eine unendliche (oder zumindest sehr lange) Analysendauer erfordern würde.  

Diese Problematik ist mit Frequenzgangkompensation in Analogtechnik nicht vollständig lösbar, weil die Kompensation zwingend die Einführung der unteren Bandbegrenzung erfordert, die in der Regel innerhalb der Kompensation auf den unteren Grenzwert der DIN 45669 von 1Hz erfolgt. Damit unterliegt die scheinbare Tieffrequenzkomponente auch der kompensationsbedingt hohen Nachverstärkung.

Aus diesen Gründen haben wir nach anfänglicher Begeisterung für die höherfrequenten Geophone von deren Verwendung wieder Abstand genommen, weil ein ordnungsgemäßes Impulsverhalten nicht erreichbar war. Wir beobachten die Entwicklung auf diesem Gebiet sehr genau und müssen feststellen, dass auch heute noch die Impulsfestigkeit der mit 15 Hz-Geophonen aufgebauten Messketten messtechnischen Ansprüchen eines Einsatzes gemäß DIN 45669 nicht genügt.

Die Größe dieser Scheinanregungen kann von Ereignis zu Ereignis um Faktoren von mehr als 10 variieren.

Besonders auffällig wird dieser Effekt bei der Aufzeichnung von periodisch-stoßartigen Erregungen (z.B. Rammen). Dann entsteht u.U. ein Scheinsignal mit der Wiederholfrequenz der Anregung, das die tatsächlichen Ergebnisse völlig überlagert und verfälscht.

Durch ein neues optimiertes Digitalverfahren ist es im System 9800 inzwischen  gelungen, die Frequenzgangkompensation und die Bandbegrenzung so weit zu entkoppeln, dass dieser Effekt minimiert wird. Allerdings gibt es immer noch Grenzen des Verfahrens, die den Einsatz von 15-Hz Geophonen nicht zulassen. Aus diesen Gründen haben wir bereits vor Jahren den Einsatz von 15 Hz-Geophonen mit Bedauern aufgegeben. Es ist einzuräumen, dass dieser Effekt in wesentlich geringerem Maße auch bei 4,5 Hz-Geophonen auftritt. Er ist rund um den Faktor 10 geringer und darum in realen Aufnahmen nicht mehr von Bedeutung.

Nahezu völlig  eliminiert ist er bei Nutzung  der neuen digitalen Frequenzgangkompensation (seit Dezember 2004 verfügbar).

Obergrenze des Messbereichs

 Frage:

warum können die Systeme von M.Beitzer Meßtechnik nur bis zu etwa 100 mm/s Schnelle messen, die mancher Mitbewerber aber fast viermal so viel?

Antwort:

4,5 Hz-Geophone haben eine freie Wegamplitude von etwa ± 2,5 mm. Bei 5 Hz, (w=30) entspricht das einer Schnelle von rund 90 mm/s. Durch Dämpfung und den damit verbundenen Frequenzgangabfall sind mit dieser Amplitude etwa 120 mm/s messbar. Bei tieferen und höheren Frequenzen steigen die Messgrenzen wieder an.

Dieser von der freien Amplitude bestimmte Messbereich ist bei 15 Hz-Geophonen höher, weil deren kritische Frequenz etwa um den Faktor 3 höher ist, aber leider sind die Geräte wegen der oben beschriebenen Überforderung der Frequenzgangkompensation unbrauchbar.

 Bindung an die Raumrichtungen

Frage:

Die Meßgeräte von M.Beitzer Meßtechnik müssen entsprechend der Raumrichtung ausgewählt werden. Es sind unterschiedliche Geophone für horizontale und vertikale Meßrichtung erforderlich. Warum kann der Wettbewerb das "besser“?

Antwort:

Auch die Frage auf diese Antwort ergibt sich aus der Geophonbauart. Bei einer Eigenfrequenz von 4,5 Hz ist die Aufhängung so weich, daß eine Verdrehung von der vertikalen auf die horizontale Raumrichtung allein durch die Schwerkraft die seismischen Massen am Gehäuse anliegen läßt, so daß eine Messung nicht mehr möglich ist. Darum müssen für horizontale und vertikale Raumrichtungen unterschiedliche Geophone eingesetzt werden.

Bei 15 Hz-Geophonen ist dieses Phänomen etwa um den Faktor 10 geringer. Es ist dadurch noch genug Reserve, um die schwerkraftbedingte Verschiebung der seismischen Masse innerhalb des Amplitudenbereiches im Meßgerät aufzufangen.

Leider ist diese schöne Eigenschaft der 15 Hz-Geophone im Lichte der oben beschriebenen Probleme der Frequenzgangkompensation völlig nutzlos, weil ein korrektes Impulsverhalten nicht erzielbar ist.

Darüber hinaus stellt sich bei genauerer Kontrolle heraus, daß der Einfluß der horizontal / vertikal-Verdrehung durchaus nennenswerten Einfluß auf die Frequenzgangkompensation hat. Der Frequenzgang stimmt danach also auch nicht mehr besonders gut.

So bleibt festzuhalten, daß trotz einiger ansprechender Eigenschaften der Meßsysteme mit 15 Hz-Geophonen eine ordnungsgemäße Messung stoßhaltiger Schwingungen damit kaum möglich ist.

Aus diesen Gründen hat M.Beitzer Meßtechnik nach umfangreichen Tests schon vor einigen Jahren die Verwendung von 15 Hz-Geophonen eingestellt.